Soll ich als lokaler Kaffeeröster meinen Kaffee im Supermarkt anbieten?

In Hannover gibt es 14 Kaffeeröstereien. Und in Hannover wohnen um die 550.000 Einwohner. Das ist beides ganz schön viel.

Wie schafft man es als lokaler Kaffeeröster aus diesem Angebot herauszustechen?

Die Auswahl an Kaffees in Hannover ist groß: Etwa 800 Kaffees stehen in den Regalen der verschiedenen Einkaufsstätten.

Wir haben uns diese Kaffees einmal genauer angesehen – Und spannende Schlüsse gezogen.

Auch wenn du nicht aus Hannover bist, lohnt das Lesen: Denn Supermärkte gibt es auch in Berlin, Frankfurt oder Köln.

Wie hoch ist der Durchschnittspreis einer 500g-Packung Kaffee im Supermarkt? Wie hoch ist der Preis dagegen im Bio-Supermarkt?

Von den Kaffeeverpackungen haben wir viele Informationen gesammelt und in einer Studie aufbereitet:

Welche Anbauländer liegen vorne? Welche Blends dominieren das Regal? Welche Siegel sind wie häufig vertreten? Welche Skalen werden zur Beschreibung des Geschmacks verwendet? Wie viele Begriffe gibt es aktuell, um den Geschmack des Kaffees zu beschreiben?

 

Immer der Masse nach?

Schauen wir dorthin, wo der meiste Kaffee gekauft wird, nämlich in die großen Verbrauchermärkte, wie Rewe, Edeka, Real, Marktkauf und Kaufland.

Hier kann man mit bis zu 400 verschiedenen Kaffees rechnen, bestehend aus Handelsmarken und Eigenmarken. Discounter wie Aldi, Lidl, Penny und Netto setzten genau wie Drogeriemärkte auf Eigenmarken in ihrem Sortiment.

Je nach Anbieter umfassen diese bis zu 40 verschiedene Kaffees. Handelsmarken wie Jacobs oder Melitta sind hier eher mit einzelnen Produkten vertreten. Im Bio-Supermarkt sind um die 100 verschiedenen Kaffees zu finden.

 

Tipp: Sich in großen Verbrauchermärkten durchzusetzen kann mehr Aufwand bedeuten, weil das Kaffee-Sortiment sehr groß beziehungsweise breit ist. Um hier aufzufallen, bedarf es verkaufsfördernder Aktionen und viel Werbung.

Die Präsenz in Bio-Märkten kann einen Versuch wert sein. Hier ist die Anzahl an Kaffees deutlich geringer, gleichzeitig werden andere Anforderungen an den Kaffee gestellt, zum Beispiel eine Bio-Zertifizierung.

Die Präsenz in Discountern oder Drogeriemärkten ist für lokale Kaffeeröstereien keine Option: Dort setzt man auf Eigenmarken und starke Handelsmarken.

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Verbraucher können von 69 Herstellern wählen

In Hannover, wo ich die Studie durchgeführt habe, bieten 69 Kaffeeunternehmen ihren Kaffee an. Diese Zahlen lassen sich zum großen Teil auf Städte landesweit anwenden, denn die Handelsmarken und Eigenmarken sind in allen Städten gleich, egal ob Berlin, Stuttgart, oder München.

Diese 69 Anbieter lassen sich in fünf Kategorien einteilen: Lokale Kaffeeröstereien, Eigenmarken, importierte Kaffees, Großröstereien und mittelständische Röstereien.

Die größte Gruppe machen die Eigenmarken aus mit 25 Anbietern, gefolgt von mittelständischen Röstereien mit 18 Anbietern. Die kleinste Gruppen bilden die lokalen Röster mit sechs Anbietern. Als lokaler Kaffeeröster in Hannover wüßte ich nun, dass ich mit sechs anderen Kollegen im Regal stehe, die auch aus Hannover kommen.

Und, dass um meinen Kaffee herum bis zu 68 andere Anbieter von Kaffee stehen. Natürlich schwankt die Zahl je nach Einkaufsort, und im großen Verbrauchermarkt ist mit mehr Anbietern zu rechnen als im Bio-Supermarkt.

 

Tipp: Wenn in großen Verbrauchermärkten bereits lokale Kaffeeröstereien präsent sind, kann dies zu Synergie-Effekten führen. Je nach Sortierung im Verbrauchermarkt, können lokale Röstereien beieinander stehen, und sich als lokale Kaffee-Kompetenz präsentieren. Der Vergleich fällt dann unter diesen lokalen Röstereien, und nicht zwischen allen verfügbaren Kaffees.

Alles eine Frage des Preises?

Für welchen Preis kann, muss und soll ein lokaler Kaffeeröster seinen Kaffee anbieten? Dazu ist ein Blick auf das Umfeld nützlich: Der höchste Preis im Verbrauchermarkt beträgt 81,69 Euro pro Kilo Kaffee. Dabei handelt es sich um Kaffee aus dem Sortiment Kapsel.

Der günstigste Preis für ein Kilo Kaffee beträgt 5,98 Euro. Je nach Anbieter und Sortiment liegt irgendwo dazwischen die Wahrheit.

Der Durchschnittspreis für Eigenmarken beträgt zum Beispiel 17,59 Euro pro Kilo Kaffee. Am höchsten sind die Durchschnittspreise von importierten Kaffees mit 33,59 Euro pro Kilo.

Kaffee aus dem Sortiment Kapsel oder Pad liegt bezogen auf den Kilopreis immer etwas höher, als Kaffee aus den Sortimenten Röstkaffee Ganze Bohne oder Röstkaffee gemahlen.

 

Tipp: Es kommt bei der Preisfindung für den Verkauf im Verbrauchermarkt auf sehr viele Faktoren an.

Einige davon sind die Durchschnittspreise im eigenen Sortiment (zum Beispiel Röstkaffee Ganze Bohne), die Durchschnittspreise der anderen lokalen Kaffeeröster oder auch welche Merkmale der eigene Kaffee mitbringt, zum Beispiel, welche Bohnenart verwendet wird oder aus welchem Land der Kaffee kommt.

Aktuell zeigt sich, dass mit der Anzahl der Informationen auf dem eigenen Kaffee auch die Höhe des Preises einher geht.

Bei niedrigem Informationsgehalt auf der Verpackung, zum Beispiel mit lediglich die gesetzlichen Pflichtangaben, bleibt der Preis für den Kaffee auch niedrig.

Informationen zum Kaffee: Darf’s ein bißchen mehr sein?

Jenseits der gesetzlichen Pflichtangaben auf Kaffeeverpackungen gibt es eine große Auswahl an zusätzlichen Informationen, die jeder Kaffeeröster auf seiner Verpackung anbringen kann.

Welche Bohnenart ist drin, Arabica, Robusta oder eine Mischung? Aus welchem Land oder welchen Ländern kommt der Kaffee? Besitzt der Kaffee ein Siegel oder nimmt an einer Verifikation teil?

Dies können nützliche Informationen für den Kaffeetrinker sein, nach denen er seine Kaufentscheidung am Regal trifft, und mit denen ein Kaffeeröster überzeugen kann.

Auch kann es sich lohnen Informationen rund um den Geschmack des Kaffees anzugeben: Auf 53,1 Prozent der Kaffeeverpackungen findet sich wenigstens eine Angabe zum Geschmack des Kaffees.

Dabei gibt es 145 verschiedene Begriffe Geschmack zu beschreiben auf der Vorderseite einer Kaffeeverpackung.

Zu den Top drei Begriffen zählen „mild“, „kräftig“ und „aromatisch“.

 

Tipp: Bei den zusätzlichen Informationen zum Kaffee bietet sich eine breite Auswahl an Möglichkeiten.

Ziel ist es, die richtigen Informationen auszuwählen, um aus dem Umfeld positiv herauszutreten.

Potentiale bieten sich bei der Beschreibung des Geschmacks: Aktuell finden sich nur auf 9,5 Prozent der Kaffeeverpackungen drei Begriffe zum Geschmack.

Ebenfalls Potential liegt bei einer Angabe zur Herkunft des Kaffees: Auf 40,5 Prozent der Kaffeeverpackungen findet sich eine Angabe dazu. Das ist weniger als jede zweite Verpackung.

Hier kommen nochmal alle Tipps auf einen Blick plus einige zusätzliche Tipps:

  • Passt der Vertriebskanal zu meinem Kaffee? Ob Rewe, Edeka, Kaufland, Real, Marktkauf, Alnatura, Denn’s – Sie alle bedienen verschiedene Zielgruppen. Als lokaler Kaffeeröster muss die Frage lauten: Was ist mein Konzept, welcher Kanal passt zu meinem Kaffee? In großen Verbrauchermärkten herauszustechen kann aufwändig sein. Lohnen können sich wiederum die regionalen Bezüge einer Rewe oder einer Edeka sein. Regionale Produkte erhalten hier einen besonderen Stellenwert und man muss nicht über die zentrale Verwaltung gehen. Je nach Profil des Kaffees kann sich der Vertrieb ausschließlich in Bio-Märkten wie Alnatura und Denn’s lohnen. Eventuell bestehen gute Kontakte zum heimischen Marktleiter, dann kann man diese auch nutzen.

 

  • Synergie-Effekte nutzen. Sind in einem Verbrauchermarkt bereits lokale Kaffeeröstereien vertreten, können sich aus der Gemeinschaft verkaufsfördernde Effekte ergeben. Zusammen steht man für lokalen Kaffeegenuss. Sollte man der Einzige sein, kann es von Vorteil sein, eine Kopfseite des Kaffeeregals anzufragen. Der Kaffee steht hier für sich, ohne Kaffees drumherum, die Ablenken oder zu Vergleichen animieren. Ebenfalls lohnt es sich darauf zu achten in große Verbrauchermärkte zu gehen (zum Beispiel ein Edeka-Center), denn Kaffeetrinker erwarten mehr Auswahl, die hier auch bedient werden kann. Zum anderen kann es sich lohnen auf Verbrauchermärkte in gut situierten Stadtteilen zu setzen. Das kommt natürlich auf den eigenen Kaffee und seinen Verkaufspreis an. In zahlungskräftigen Stadtteilen kann man höhere Preise einfacher durchsetzen.

 

  • Rechnen, rechnen, rechnen. Ob es sich als lokaler Röster lohnt seinen Kaffee im Verbraucher- oder Bio-Markt anzubieten, ist auch eine Frage des Preises. Als Durchschnittspreis dienen in Hannover 25 Euro pro Kilo. Hier kommt es auch auf die Bedingungen des Verbrauchermarktes und deren Marge an. Daher lohnt es sich vorher genau zu wissen, welche Bedingungen an die Präsenz im Verbrauchermarkt oder im Biomarkt gekoppelt sind.

 

  • Potentiale heben durch nützliche Informationen. Woher kommt der Kaffee und um was für einen Kaffee handelt es sich genau? Das Thema Transparenz bei Kaffee gewinnt an Bedeutung. Diese Potentiale lohnt es zu erschließen und sich dadurch positiv abzusetzen. Dies können Angaben zum Geschmack, zur Herkunft oder eine sinnvolle Empfehlung zur Zubereitung des Kaffeegetränkes sein.

 

Ob ein lokaler Kaffeeröster seinen Kaffee im örtlichen Verbrauchermarkt oder Biomarkt vertreiben will, muss individuell abgewogen werden. Zentral ist die Frage, wie der Vertriebskanal zum einen Konzept, das heißt zum Profil des Kaffees, passt. Zudem kommen noch viele weitere Faktoren dazu, zum Beispiel die eigene Produktionsmenge, eigene Röstkapazitäten, Logistik und auch die Art sowie das Design der Verpackung.